Der grüne Rahmen
6. Juni 2023
Wasserflächen sind beliebte Gestaltungselemente in Parks und Gärten. Die Einbindung in die Umgebung durch einen ansprechenden „grünen Rahmen“ ist nicht immer einfach. Bei künstlich angelegten Gewässern fehlt der allmähliche Übergang vom nassen zum normalen Boden. Für eine überzeugende Pflanzung sind Gehölze und Stauden erforderlich, die von ihrem Charakter her zum Gestaltungsthema „Wasser“ passen, aber nicht unbedingt auf feuchten oder nassen Boden angewiesen sind.
Text und Bild: Dr. Philipp Schönfeld
Problemstellung Wasserflächen und die dazugehörige Flora und Fauna üben seit jeher einen großen ästhetischen Reiz auf den Menschen aus. Dabei spielt es eine geringe Rolle, ob es sich um ein natürliches oder um ein, den natürlichen Vorbildern nachempfundenes, künstlich angelegtes Gewässer handelt. Im Gegensatz dazu stehen in strenge Formen gefasste Wasserbecken mit steilen Wänden. Die gestalterische Wirkung hier beruht auf anderen Prinzipien. Solche Becken sind entweder nicht oder nur in geringem Umfang bepflanzt. Die Einbindung in die umgebende Landschaft, die in der Natur vorhanden ist, fehlt bei künstlich angelegten Gewässern. Die große Schwierigkeit besteht darin, diese natürlichen Vegetationsbilder nachzubilden. Bei künstlich angelegten Gewässern fehlt der allmähliche Übergang vom Wasserrand bis zum normalen Boden, dessen Feuchte allein von den natürlichen Niederschlägen bestimmt wird. Im Gegensatz dazu gibt es, bedingt durch die Kapillarsperre, einen abrupten Wechsel vom feuchten Boden innerhalb der Dichtung zum normalen Boden außerhalb der Dichtung. Hier sind Pflanzenarten erforderlich, die in ihrem Erscheinungsbild den Charakter einer Ufervegetation besitzen und in normalem Boden gedeihen. Andernfalls gibt es statt der gewünschten Einbindung einen gestalterischen Bruch.
Lösungsansätze und Empfehlungen Die einfachste und natürlichste Lösung ist gegeben, wenn sich auf dem Grundstück bereits eine feuchte Wiese, ein Teich oder Wasserlauf befindet oder wenn das Grundstück an solche Flächen angrenzt. Es entfallen alle kostspieligen und aufwendigen Vorarbeiten für Aushub, Abdichtung, etc. Hier gedeihen Pflanzenarten ganz natürlich, die sonst nur mit viel Mühe zum Wachsen zu bringen sind. Leider wissen die Besitzer solcher Flächen deren Wert oft nicht zu schätzen. So werden solche Wiesen und Wasserflächen – ohne dass ihre gestalterischen Möglichkeiten genutzt würden – oft als störend empfunden und zugeschüttet oder drainiert, um dann auf der Fläche einen Garten „von der Stange“ anzulegen.Oder man rodet das vermeintliche „Unkraut“, führt den geschorenen Rasen bis ans Ufer und pflanzt eine Trauerweide. Viel überzeugender ist es, wenn man die vorgefundenen Gegebenheiten zum Thema der Gestaltung macht. Die gestalterische Aufgabe besteht dann „nur“ darin, die besonderen Vorzüge und Charakteristika der Fläche zu erkennen und durch behutsame Eingriffe und Ergänzungen zu steigern. Je mehr eine solche Fläche Bestandteil der freien Landschaft ist, desto mehr heimische Pflanzen müssen in diesem Fall verwendet werden.
Die Einbindung von künstlich angelegten Gewässern in die umgebende Landschaft geschieht durch eine entsprechende Standortwahl, geschickte Bodenmodellierung, die Einbeziehung ins Wegenetz und die Schaffung eines „grünen Rahmens“. Das Leitbild dafür ist die wassergesättigte Atmosphäre des natürlichen Vorbildes mit ihrer vielfältigen und üppigen Vegetation. Die große Schwierigkeit zeigt sich darin, diese natürlichen Vegetationsbilder nachzubilden. Wie bereits erwähnt fehlt bei künstlich angelegten Gewässern, bedingt durch die Kapillarsperre, der allmähliche Übergang vom Wasserrand bis zum normalen Boden,dessen Feuchte allein von den natürlichen Niederschlägen bestimmt wird. Der abrupte Wechsel vom feuchten Boden innerhalb der Dichtung, der dem Lebensbereich Fr3 entspricht, zum normalen Boden außerhalb der Dichtung – häufig Lebensbereich Fr1-2 – erfordert Pflanzenarten, die in ihrem Erscheinungsbild den Charakter einer Ufervegetation besitzen und in normalem Boden gedeihen. Der Lavendel unmittelbar neben dem Rohrkolben entspräche zwar den Lebensbereichen, aber eine solche Kombination wirkt wenig überzeugend. Eine Bodenverbesserung um das Becken oder den Teich herum zur Erhöhung der Wasserhaltekraft optimiert die Wachstumsbedingungen und hilft damit die gewünschte Üppigkeit zu erzielen. Bei sehr durchlässigem Boden wäre es auch denkbar, im Untergrund eine Lehmoder Tonschicht einzubringen, um ein zu schnelles Versickern des Niederschlagswassers zu verhindern. Außerdem ist es unter den beschränkten Platzverhältnissen eines Hausgartens schwierig, die Verlandungszonen bei Teichen und Seen sowie die angrenzenden Hochstaudenfluren nachzubilden. Die Zonierung kann nur durch einige wenige prägnante Pflanzen angedeutet werden.
Häufig werden großblättrige Stauden und Gehölze in unmittelbarer Nähe zum Teich oder Wasserbecken gepflanzt. Deren üppiges Erscheinungsbild soll die gute Wasser- und Nährstoffversorgung am Naturstandort und das entsprechend gute Wachstum andeuten. Auch Pflanzenarten mit grasartigen oder langen und schmalen Blättern eignen sich dafür. Sie nehmen in Bezug auf ihre Wuchs- und Blattform das Motiv von Weiden und Schilf auf. Gehölze mit überhängendem Wuchs (z. B. Cercidiphyllum japonicum Pendulum, Fraxinus excelsior Pendula, Ulmus glabra Pendula) sollen in pflanzlicher Form das fließende Wasser symbolisieren.
Auch wenn die Vegetation am Naturstandort mit ihrer Formenvielfalt und Fülle als Vorbild für die Bepflanzung dient, soll die Vegetation nicht zu bunt sein. Wie bei anderen Pflanzungen auch ist es wichtig, ein Thema festzulegen, an dem sich die Pflanzenauswahl orientiert. Dabei müssen selbstverständlich nicht nur die Standortgegebenheiten, sondern auch die Standortansprüche der Pflanzen berücksichtigt werden. Themen wären z. B. die Bepflanzung nur mit einheimischen Arten, „Asien-“ oder „Amerikapflanzung“ mit asiatischen bzw. amerikanischen Arten oder, in Verbindung mit einem Heidegarten, die Verwendung von Arten, die sauren Boden benötigen. Meist genügen schon ein prägnantes Gehölz oder einige typische Stauden, um das Thema anklingen zu lassen. Mit einigen wenigen charakteristischen hochwüchsigen Stauden, die sich an verschiedenen Stellen wiederholen, wird das Thema dann fortgesetzt bis hinunter zum Bodendecker. Es gilt bei der Planung die rechte Balance zu halten zwischen Einheitlichkeit, Reichhaltigkeit und Spannung. Die Randbepflanzung mit Gehölzen und Großstauden sollte so angelegt werden, dass die Wasserfläche zumindest die Hälfte des Tages besonnt ist. Es ist deshalb günstig, solche Pflanzen an der Nord-, Nordwest- oder Nordostseite des Gewässers zu pflanzen. Kritisch ist die Verwendung von stark ausläufertreibenden Gehölzen zu sehen. Sie bedrängen die Nachbarn und machen vor allem den Stauden das Leben schwer. Außerdem sollte bei der Pflanzenwahl nicht vergessen werden, dass das Wasser das beherrschende Element ist. Je kleiner die Wasserfläche ist, desto größer auch die Gefahr, dass sie unter einer zu üppigen Bepflanzung verschwindet. Auch die vorherrschende Windrichtung sollte beachtet werden, damit das Laub der Gehölze nicht in den Teich geweht wird. Bei größeren Gewässern in parkartigen Anlagen ist es sowohl möglich mit hohen Bäumen eine dichte Kulisse zu schaffen, als auch nur mit einzelnen Gehölzen Akzente zu setzen. Die gesamte Anlage erhält dann einen lichten und offenen Charakter. An kleineren Gewässern wird man sich auf ein formprägendes und attraktives Gehölz beschränken müssen, das dann auch das Thema für die gesamte Bepflanzung vorgibt. Es ist wichtig, dass die Gehölze im richtigen Maßstab zur Größe der Wasserfläche stehen. Ein kleines Gehölz an einem großen Teich wirkt nicht. Umgekehrt lässt ein großes Gehölz am Ufer eines kleinen Teiches diesen noch kleiner erscheinen. In den Tabellen 1 bis 4 sind geeignete Gehölze für die Verwendung am Wasser aufgeführt.
Es ist zu beachten, dass die Sorten nicht nur in ihrer Wuchsform, sondern vor allem in ihrer Wuchshöhe von der Art abweichen. Als Beispiele seien hier die Sorten von Acer negundo genannt, die alle der Kategorie „Kleinbäume“ zugeordnet werden, während die Art in die Kategorie „mittelgroße Bäume“ gehört. Häufig sieht man an Wasserflächen Gehölze mit überhängender Wuchsform wie z. B. Salix x sepulcralis ‚Tristis‘ (Syn. S. alba ‚Tristis‘) oder Fraxinus excelsior ‚Pendula‘. Für eine Kombination mit kleineren Gehölzen und Stauden sind Gehölze mit einer aufrechten Wuchsform, die sich unterpflanzen lassen, günstiger. Die eben für die Gehölze erwähnten Grundregeln gelten in ähnlicher Form auch für die Stauden. In den Tabellen 5 bis 9 sind geeignete Stauden, Gräser und Farne zusammengestellt. Die Auswahl der Stauden muss sich an dem Thema der Pflanzung, das durch die Auswahl der Gehölze bereits vorgegeben wurde, orientieren. Die Fülle der geeigneten Arten darf nicht dazuverleiten, alles zu pflanzen, was auf Grund der Standortverhältnisse möglich ist. Die Kunst der guten Pflanzenverwendung liegt auch in diesem Fall wieder in der Beschränkung auf die dem Standort und Thema gemäßen Arten. Schließlich darf der Anteil hochwüchsiger Stauden nicht zu groß sein, um den Blick auf die Wasserfläche nicht zu verdecken. Die Charakterpflanze an Ufern und nassen Standorten ist das Schilf, das auf Grund seiner Neigung zum Wuchern nur in großen, naturnahen Anlagen verwendbar ist. Durch ihre gestaltprägende Wirkung besitzen Gräser mit schilfähnlichem Habitus bei der Bepflanzung von Ufern eine besondere Bedeutung. Bambus-Arten und -Sorten, Miscanthus- Arten und -Sorten oder das Zottenrauhgras (Spodiopogon sibiricus) sind für kleine Anlagen ein guter Schilfersatz. Auch Stauden mit grasartigem Habitus wie z. B. die Hemerocallis-Arten und -Sorten sind geeignet. Dem ideenreichen Pflanzenverwender eröffnen sich viele Möglichkeiten zur effektvollen Kombination der eben genannten Gräser mit z. B. großblättrigen Stauden. Natürlich spielen die Blütezeit und -farbe der Staudenarten auch eine Rolle. Diese Effekte sind durch die kurze Blütezeit bei den einzelnen Arten allerdingsrecht kurz. Die Formenvielfalt der verschiedenen Arten mit ihren unterschiedlichen Blattformen und -texturen ist gestalterisch mindestens genauso wichtig und während der gesamten Vegetationsperiode wirksam.
Viele Staudenarten des Lebensbereiches Fr3 sind recht wuchsstark und breiten sich mitunter kräftig aus. Bei der Zusammenstellung der Arten ist darauf zu achten, dass nur Arten mit ähnlicher Konkurrenzkraft miteinander vergesellschaftet werden. Starkwachsende und sich ausbreitende Arten sind vor allem für große Anlagen verwendbar, wo auch eher wenige Arten in großen Stückzahlen eingesetzt werden.Für kleinere Anlagen mit artenreicherer Pflanzung sind schwächer wachsende Arten mit geringer Ausbreitungstendenz besser geeignet