Hausbäume der Zukunft

GEHÖLZE FÜR DEN KLIMAWANDEL - Das sind die Hausbäume der Zukunft
19. März 2024Klimawandeltrockenresistente Gehölze

Der Klimawandel schreitet schneller voran, als sich die Gehölze in Gärten und Parks anpassen können. Bei Neuanlagen sowie Umgestaltungen müssen deshalb an den betroffenen Standorten hitze- und trocken


Das sind die Hausbäume der Zukunft

Der Klimawandel schreitet schneller voran, als sich die Gehölze in Gärten und Parks anpassen können. Bei Neuanlagen sowie Umgestaltungen müssen deshalb an den betroffenen Standorten hitze- und trockenheitsverträgliche Arten bevorzugt werden. Das betrifft neben den Sträuchern auch die Hausbäume. Nicht nur die Straßenbäume sind von den Folgen des Klimawandels betroffen, sondern auch Gärten und Grünanlagen, auch wenn dort günstigere Standortbedingungen herrschen. Der Wurzelraum ist nicht begrenzt wie in den Baumgruben an der Straße. Der Boden ist weitgehend „natürlich“ und die Bäume stehen nicht vereinzelt, sondern in Gemeinschaft mit anderen Gehölzen und Stauden. Ausbleibende Niederschläge im Privatgarten eher als an der Straße durch Zusatzbewässerung ausgeglichen werden. Der bessere Standort kann allerdings nicht alle Folgen des Klimawandels ausgleichen. Nicht nur die niedrigen Niederschläge, sondern auch Hitze, Lufttrockenheit und die intensive Sonneneinstrahlung setzen den Gehölzen zu. Das betrifft vor allem die Arten, die aus kühlen, frischen und luftfeuchten Regionen stammen (s. Tabelle 1). Der größte Teil dieser Arten stammt aus den Lebensbereichen 2.1. bis 2.4. „Auen- und Ufergehölze“; „7 Gehölze kühl-feuchter Wälder“ und „8 Bergwälder und Sträucher alpiner Lagen“ .

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Veränderungen im Sortiment

Ein drastisches Beispiel dafür ist die Gattung Betula. Die bis zu 100 Birken-Arten kommen auf weiten Teilen der Nordhalbkugel, in Europa, in Nordamerika (besonders an deren Ostküsten) und in Asien bis Japan in kühl temperierten bis borealen Regionen vor. Nicht nur die eher empfindlichen Arten sind betroffen. Auch unsere robuste heimische Betula pendula gerät durch die Hitze und Trockenheit zunehmend in Schwierigkeiten und stirbt immer häufiger ab. In Bezug auf die Birken ist praktisch das ganze Sortiment in Frage gestellt. Bei den Gattungen Acer oder Sorbus sieht es besser aus. Anstelle der derzeit beliebten und in Zukunft nur noch eingeschränkt verwendbaren Arten rücken andere, bisher weniger verwendete Arten, die hitze- und trockenheitsverträglich sind, in den Vordergrund. Es wird sich somit nicht nur das Sortiment ändern, wie bei den Sträuchern auch, sondern auch der Charakter und die Ästhetik der Pflanzungen. Die Tabelle 2 zeigt, dass es trotz der geänderten Umstände eine große Auswahl von geeigneten Arten gibt. Dabei erhebt diese Liste keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Für die Zukunft werden Baumarten benötigt, die aus Regionen stammen, in denen heute schon klimatisch die Bedingungen herrschen, wie sie für Österreich vorhergesagt werden. Das sind Süd- und Südosteuropa, Vorderasien aber auch Teile Nordamerikas. Es gibt aber durchaus wärmeliebende heimische Arten, die nun mehr in den Vordergrund rücken (s. Tabelle 2).

Wichtige Gattungen

Acer

Unter den Ahornarten gibt es eine Reihe von empfindlichen und sehr beliebten Arten aus Asien und Nordamerika (A. palmatum, A.japonicum, A. rufinerve etc.), die in Zukunft nur noch eingeschränkt verwendbar sein werden. Dafür rücken andere, bisher weniger verwendete Arten, die hitze- und trockenheitsverträglich sind, in den Vordergrund. Besonders beliebt und derzeit bei den Baumschulen stark nachgefragt wird A. campestre. Mit seiner Anspruchslosigkeit und Anpassungsfähigkeit ist er vielseitig einsetzbar. Die zahlreichen Sorten mit z.T. abweichenden Kronenformen erweitern die Einsatzmöglichkeiten. Im Sinne einer artenreichen Pflanzung sollte aber auch den anderen Arten Beachtung geschenkt werden. Im Versuch „Stadtgrün 2021+“ haben sich der Burgen-Ahorn (A. monspessulanum) und der Schneeballblättrige Ahorn (A. opalus) in den trocknen und heißen Jahren sehr bewährt. Der Feuer-Ahorn (A. tataricum subsp. ginnala) eignet sich auf Grund der tief angesetzten Krone als hervorragender Schattenspender für Sitzplätze oder Kinderspielplätze. Bisher unterschätzt werden die Schönheit und Widerstandsfähigkeit des Zoeschener Ahorns (Acer x zoeschense 'Annae’). Er besticht durch die im Austrieb leuchtend dunkelroten Blätter und später im Jahr mit der gelben Herbstfärbung. Alle genannten Arten sind sie nicht nur als Hochstämme, sondern auch als mehrstämmige Solitäre sehr schön.

Malus

Die so schönen Zieräpfel und deren Sorten sind zwar genügsam, aber sehr heißen und trockenen Sommern nicht wirklich gewachsen. Für Standorte mit längeren Hitze- und Trockenperioden eignen sich hingegen der Wollapfel (Malustschonoskii). Die Blüten und Früchte sind nicht so spektakulär wie bei den „normalen“ Zieräpfeln, aber dafür glänzt er mit einer intensiven Herbstfärbung. Bisher weitgehend unbekannt ist der Dreiblättrige Apfel (Malus trilobata), der aus NO-Griechenland, Türkei, Syrien und dem Libanon stammt. Er ist in die Winterhärtezone 5 eingestuft, d.h. er ist in Österreich ausreichend winterhart. Es ist aufrecht wachsender Baum mit schlanker kegelförmiger Krone und einem dreilappigen Blatt. Neben den weißen Blüten und roten Früchten besticht er durch seine leuchtende Herbstfärbung in gelb-rot. Für naturnah geprägte Pflanzungen sollte der robuste heimische Holz-Apfel (Malus sylvestris) häufiger in Betracht gezogen werden.

Prunus

Bei der Gattung Prunus sind es gerade die so populären Blütenkirschen aus Asien, die längere Trocken- und Hitzeperioden nur schlecht vertragen: Prunus mackii, P. sargentii, P. serrula, P. serrulata, P. subhirtella. Unter den winterharten Arten gibt es nur wenige aus den Lebensbereichen 6.1 und 6.3. Das sind Prunus x eminens (fast immer in der Sorte 'Umbraculifera'), P.cerasifera und P. mahaleb. Letztgenannte gibt es nicht nur als Strauch, sondern auch als Hochstamm.

Sorbus

In der Gattung werden in Zukunft die Ebereschen, die kühle und frische Standorte benötigen, an Bedeutung verlieren, allen voran die heimische Sorbus aucuparia und deren Sorten aber auch die Sorbus Lombarts-Hybriden sowie beispielsweise die Arten S. decora, S. americana, S. serotina. Als „Ersatz“ werden die Mehlbeeren an Bedeutung gewinnen. Viele dieser Arten sind schon lange bewährt und bekannt: Sorbus aria, S. intermedia, S. latifolia, S. x thuringiaca, S. domestica, S. torminalis. Die oft derben, ganzrandigen und unterseits behaarten Blätter deuten schon darauf hin, dass diese Arten Trockenzeiten und Hitze gut überstehen können. Die weißen Blüten und roten oder orangefarbenen Früchte sind sehr dekorativ. Alle Ebereschen sind wertvolle Futterpflanzen für Insekten und Vögel.

Pflanzung und Pflege

Die notwendigen Veränderungen beziehen sich nicht nur auf die Artenauswahl, sondern auch auf die Pflanzung und Pflege. Unter den aktuellen Klimabedingungen benötigen die Jungbäume mehr Zeit als bisher, um sich zu etablieren. Bei der Standort- und Bodenvorbereitung, Pflanzung und Pflege ist eine besondere Sorgfalt und Fachkunde erforderlich. Die Baumgrube sollte bis in eine Tiefe von 1,5 m gelockert werden, damit der Baum tief wurzeln kann. Das verbessert die Standfestigkeit und die Wasserversorgung in Trockenperioden. Bedingt durch die zunehmende Hitze und Trockenheit ist es erforderlich, die Bäume für mindestens 5 Jahre nach der Pflanzung zu pflegen. Das betrifft v.a. die regelmäßige und durchdringende (!) Wässerung zwischen Anfang April und Ende September. Ein Schutz der Rinde über einen Zeitraum von 10 Jahren vor Verbrennungen durch die intensive Sonneneinstrahlung ist unerlässlich. Dafür haben sich weiße Schutzanstriche oder Tonkin- oder Schilfrohrmatten bewährt. Der Anstrich muss ggf. erneuert werden. Der Sitz der Matte ist regelmäßig zu kontrollieren und die Befestigung ggf. zu lockern, um sie der Zunahme des Stammumfangs anzupassen. Dass zur fachgerechten Pflanzung auch ein Pflanzschnitt sowie eine Verankerung (Dreibock) gehört versteht sich von selbst.

Viele der im folgenden Text sowie in der Tabelle 2 aufgeführten Arten sind in den Baumschulen nur in geringen Stückzahlen und nicht in jeder Qualitäts-/Größenstufe erhältlich. Vor der Planung und Ausschreibung ist es dringend erforderlich, sich bei den Baumschulen über die Verfügbarkeit zu informieren.

Literatur:

Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e.V. (Hrsg.) (2010). Empfehlungen für Baumpflanzungen – Teil 2: Standortvorbereitung für Neupflanzungen; Pflanzgruben und Wurzelraumerweiterung, Bauweisen und Substrate. Bonn

Landeshauptstadt München, Baureferat Gartenbau (2016). Zusätzliche Technische Vorschriften für die Herstellung und Anwendung verbesserter Vegetationstragschichten ZTV-Vegetationstragschichten (ZTV-Vegtra-Mü)

P. Kiermeier (1995). Die Lebensbereiche der Gehölze. 3. Auflage, Verlagsgesellschaft Grün ist Leben

Roloff u.a. (2008): Klimawandel und Gehölze. Bund deutscher Baumschulen (Hrsg.)

Roloff, A. und Bärtels, A. (2018): Flora der Gehölze. 5. Auflage, Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart

Dr. Philipp Schönfeld

dr.schoenfeld_nuernberg@web.de