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Laubbaum statt Sonnenschirm

8. August 2022


Klimaerwärmung und Klimaschutz sind allgegenwärtige Themen. Auch im GALABAU Journal wurden die damit einhergehenden Problemstellungen für den Gartenbau mehrfach thematisiert. „Das Problem sind die Kunden, die pflegeleichte Gärten wollen“, so denken die einen. Andere Galabauer wiederum sind der Meinung, dass hier auch eine Verantwortung beim Fachbetrieb läge, der den Kunden aufklären müsse.


Wir haben in diesem Zusammenhang den Buchautor, Kräuterpädagogen, Pflanzennarren (wie er sich selbst bezeichnet) Norbert Griebl befragt. Der Gartenexperte mit einer über vierzigjährigen Erfahrung im Garten- und Landschaftsbau plädiert für mehr Wildwuchs im Garten. „Der Garten ist nicht das verlängerte Wohnzimmer“, so seine Ansicht. Vielmehr sei das schon der völlig falsch gelagerte Zugang zum Thema Gartengestaltung. Wir sollten stattdessen erkennen, dass der Garten lebt, dass er ein Rückzugsort sein kann und sein soll. Schließlich gingen immer mehr Flächen verloren – nicht nur indem sie versiegelt würden, sondern auch durch die Intensivierung der Landwirtschaft. Da könne auch ein noch so kleiner Garten eine Ausgleichsfläche sein, und da sieht Griebl nicht nur den professionellen Gartenbaubetrieb in der Pflicht zur Aufklärung, sondern natürlich auch den Gartenbesitzer in der Pflicht zur Umsetzung. „Aber ich will niemanden belehren“, erläutert Griebl seinen Standpunkt, „das steht mir gar nicht zu! Aber ich bin doch der Meinung, dass wir als Profis einen größeren Zusammenhang sehen sollten.“ Er selbst würde Aufträge ganz klar ablehnen, wenn jemand partout einen sterilen und „abgeschleckten“ Garten wolle. „Das ist nicht mein Ding, damit kann ich nicht, aber das ist gar kein Problem, da empfehle ich, zu anderen Unternehmern zu gehen, die darauf spezialisiert sind“, so der Fachbuchautor, „aber irgendein Bonsaibäumchen pflanzen das x-mal geschnitten werden muss, das will ich nicht, das machen andere besser.“ Er selbst setzt sich dafür ein, dass jeder Garten in drei Schichten aufgebaut wird: in Baum-, Strauch- und Krautschicht. Das ließe sich auch auf sehr kleinen Flächen realisieren, würde diese eigentlich in der Vertikalen vergrößern und zugleich Lebensraum für Kleinstlebewesen und Kulturfolger aufbereiten. Dann könne beispielsweise auch der Laubbaum zu einem lebendigen Sonnenschutz werden und den leblosen Sonnenschirm ersetzen.

Und wie steht der Naturgartenexperte zum Thema Pools? Natürlich gäbe es auch für Pools gute Gründe. Er selbst würde nur Naturteiche bauen, Badeteiche und nach Möglichkeit auch Kleinwasserstellen integrieren. Ganz einfach deshalb, weil so ein Mikroklima geschaffen wird, das die Biodiversität fördert. Und wenns um Biodiversität geht, sind wir natürlich auch ganz schnell beim Thema Neophyten. Auch dazu hat Griebl schon Bücher geschrieben. Er sieht die Neophyten durchaus differenziert: „Nicht alle sind schlecht! Ganz und gar nicht!“ Über 1500 Neophyten gäbe es in Mitteleuropa und der überwiegende Großteil sei eine echte Bereicherung. Nur etwa 17 davon sind zu invasiven Arten zu zählen und daher als problematisch einzustufen. Darauf gilt es Antworten zu finden. Wir müssten uns auf jeden Fall ernsthaft Gedanken machen, ob wir nicht den Garten als Rückzugs- und Ausgleichsfläche ansehen sollten und so einen Wertewandel herbeiführen wollen, der nicht mehr das kühle Design in den Vordergrund stellt, sondern das funktionale Gleichgewicht und den Beitrag zur Biodiversität. Und in diesem Zusammenhang sind wir alle gemeinsam gefordert. Auch wenn es sicherlich auch in Zukunft andere Kundenwünsche geben wird.