Zukunftsberuf Klimagärtner
Mit der Bekanntgabe des neuen Lehrberufes „Klimagärtner“ ist Ing. Herbert Eipeldauer ein echter Coup gelungen. Der neue Beruf schlug nicht nur in Österreich, sondern auch im angrenzenden Ausland hohe Wellen. Wir haben den Wiener Innungsmeister zum Interview getroffen und ihn nach den Hintergründen und den Zukunftsaussichten im Zusammenhang mit diesem Berufsbild befragt.



Wie wird man Klimagärtner?
Das ist genauso wie beim Gartengestalter ein dreijähriger Lehrberuf, der mit der Lehrabschlussprüfung abschließt.
Wo sind die Unterschiede?
Der Gartengestalter errichtet Gärten, Bewässerungen, Parkanlagen etc. – er nähert sich seiner Aufgabe aber eher von der Pflanze bzw. von der Gestaltungsmöglichkeit her. Der Klimagärtner hingegen beschäftigt sich hauptsächlich mit der Wirkung der Pflanze auf unsere Umwelt und auf das Klima. Beispielsweise bewirkt eine Fassadenbegrünung zwischen fünf und acht Grad Temperaturunterschied zum Haus dahinter. Was zunächst nicht viel klingt, macht aber im Hochsommer einen enormen Unterschied und kann im Winter Heizkosten sparen. Und genau für solche Effekte interessiert sich der Klimagärtner. Auch mit den Bedingungen, wie Bäume mit ihrer Schattenwirkung und all den damit einhergehenden Folgefaktoren möglichst lange vital bleiben beschäftigt er sich. Ebenso ist Grauwasser- und Wassermanagement Teil der Ausbildung. Denn wir haben zwar in etwa die gleiche Menge an Niederschlägen, aber eben nicht gleichmäßig verteilt, sondern punktuell durch Starkregenereignisse. Dafür gibt es Dachsysteme, die Wasser zurückhalten. Und auch darüber lernt der Klimagärtner.
Wo stehen wir gerade bei der Einführung dieses neuen Lehrberufes?
Schon im Juli 2024 hat die Gesetzesvorlage den Nationalrat passiert und die entsprechende Verordnung ist bereits in Kraft. Die Lehre selbst hat heuer mit Ende Jänner offiziell begonnen.
Wie kam es zu der Idee für diesen neuen Beruf?
Dem Gedanken voraus ging eine etwas absurde Erkenntnis: In allen Medien wurde über die sogenannten „green Jobs“ berichtet. Da wurden alle möglichen Berufe aufgelistet – nur der Gartengestalter nicht! Das hat mich einigermaßen verärgert. Also bin ich in alle denkbaren Behörden und Ämter bis hin zu den Ministerien gegangen, um das zu ändern. Und dort musste ich immer wieder erklären, dass wir nicht einfach nur die Bäume setzen, sondern dass wir den grünen Job schlechthin ausüben. Diese Erkenntnis hat mich einmal mehr darin bestärkt, dass wir etwas zur Imageverbesserung und Aufklärung rund um unseren Beruf unternehmen müssen. Im Zuge dieser Gespräche fiel irgendwann auch der Begriff des Klimagärnters. Das war anfangs eigentlich ein Arbeitstitel, der aber so selbsterklärend war und von Anfang an eine so große Strahlkraft entwickelte, dass wir letztlich dabei geblieben sind.
Wieviel Arbeit war im Hintergrund dafür nötig?
Ich hab in den letzten Jahren tatsächlich sehr, sehr viele Gespräche mit den verschiedensten Personen geführt. Beispielsweise gab es intensive Diskussionen mit der Arbeiterkammer. Von dort kamen auch viele gute Ideen. Wir mussten ganz einfach viele Voraussetzungen abklären, bevor wir mit einem Entwurf in den Nationalrat gehen konnten. Denn eines war klar: Es nützt niemandem, wenn eine gute Idee schlecht vorbereitet in den Bundesausschuss kommt. Also wollten wir alle möglichen Gedanken, Vorbehalte, Ideen usw. schon im Vorfeld bestmöglich berücksichtigen. Wir haben versucht, sehr viele verschiedene Entscheidungsträger ins Boot zu holen. Das war gut so. Denn dadurch hat es weder bei den Innungsausschüssen noch im Nationalrat nennenswerte Gegenstimmen gegeben.
Der Klimagärtner ist ein eigener Lehrberuf mit einer Dauer von drei Jahren. Warum wurde eigentlich nicht ein viertes Lehrjahr angedacht?
Das war auch unser allererster Wunsch! Aber ein viertes Lehrjahr war aus arbeitsrechtlichen Vorbehalten und finanziellen Überlegungen der Arbeiterkammer nicht umsetzbar. Darum haben wir uns als gangbare Alternative auf einen eigenen Lehrberuf geeinigt. Aber nachdem in Zukunft alle Lehrberufe ohnehin auf ein modulares System umgestellt werden, in dem verschiedene Module frei kombinierbar sein sollen, werden wir dann auch – wieder in Kooperation mit allen bereits bei der Einführung involvierten Akteuren – versuchen, ein viertes Lehrjahr als Modul aufzusetzen. Das Endziel ist, dass wir eine einzige Ausbildung haben. Aber diese ist dann in einem Modulsystem aufgebaut. Dann könnten wir den Lehrberuf auch so strukturieren, dass beispielsweise Baumpflege oder Schwimmteichbau eigene Module darstellen. Denn dafür gibt es aktuell auch keine offizielle Ausbildung. Es gibt zwar entsprechend spezialisierte Unternehmen, aber keine offizielle Ausbildung für diese Spezialisierung.
Das hört sich sehr gut an! Gibt es da Gegenstimmen?
Nicht direkt. Es ist nur so, dass das aktuell einfach noch ein Wunsch ist. Wenn es soweit ist, müssen sich wieder alle Personen zusammensetzen, um die Lehrinhalte, Lehrpläne und rechtlichen Voraussetzungen zu koordinieren und abzustimmen. Wir haben jetzt fünf Jahre Zeit mit unserem Schulversuch und in dieser Zeit sollten wir auch zu einem modularen System gelangen.
Ist in diesem Zusammenhang dann auch eine Zusammenführung oder zumindest eine weitere Annäherung von Landwirtschaft und Gewerbe angedacht?
Also grundsätzlich: Ich bin dafür, dass das Gewerbe mit der Landwirtschaft viel intensiver zusammenarbeitet. Da gibt es ganz sicher viele sinnvolle Synergien. Das Problem aktuell ist, dass das zwei verschiedene Strukturen sind, mit unterschiedlicher Bezahlung, unternehmerischer Ausrichtung, rechtlichen Rahmenbedingungen usw. Darum gibt es auch ganz spezifische Vorbehalte. Aber ja, das ist ein Gedanke, den wir mitführen. Und es gibt schon gewisse Tendenzen von Seiten mancher offizieller Stellen her, hier entsprechend weiterzukommen. Auch wir wollen, dass man sich zusammensetzt und einmal grundsätzlich und ergebnisoffen miteinander spricht. Aber bis hier eine Änderung überhaupt denkbar ist, wird sicher auch der Klimagärtner sowohl über landwirtschaftliche als auch über gewerbliche Wege ausgebildet werden. Die Vorgabe kommt in diesem Fall allerdings vom Gewerbe.
Die Bekanntmachung des neuen Lehrberufes „Klimagärtner“ hat für ein sehr großes Medienecho gesorgt. Habt ihr damit gerechnet?
Nein, überhaupt nicht. Ich muss gestehen, dass uns diese Welle überrollt hat. Wir haben nicht erwartet, dass das derartig einschlägt. Ich hab noch nie soviele Interviews zu einem einzigen Thema gegeben. Sogar aus Deutschland und der Schweiz bekam ich Anrufe. Und alle, mit denen ich darüber gesprochen habe, waren schlicht und einfach begeistert.
Wie gut ist das Thema bei den Jugendlichen angekommen?
Ich bin überzeugt davon, dass der Beruf eine große Zukunft hat. Aber zur Zeit ist das bei den Jugendlichen selbst noch nicht so angekommen, wie wir uns das wünschen. Der Lehrgang heuer ist leider nicht zustande gekommen. Ein Grund dafür ist sicher auch der zeitliche Ablauf. Wie gesagt passierte das Gesetz im Juli den Nationalrat, in der Ferienzeit also und einen Monat später hat das neue Schuljahr begonnen und die neuen Lehrverträge wurden geschrieben. Das war ganz einfach zu knapp. Zudem haben wir festgestellt, dass es deutlich schwieriger ist, Jugendlichen das Berufsbild des Klimagärtners zu erklären. Erwachsene haben sofort ein Bild im Kopf. Die Jugendlichen eher nicht. Darum versuchen wir in den Schulen Aufklärungsarbeit zu leisten und das Berufsbild vorzustellen.
Wie gut sind die Lehrer und Lehrbetriebe vorbereitet?
Wir haben in der Berufsschule Kagran eine kostenpflichtige Weiterbildung angeboten, die auf ein sehr breites Echo gestoßen ist. Die Weiterbildung selbst wurde sehr gut aufgenommen, weil Stefan Brunnauer die Lehrinhalte mit starkem Praxisbezug aufbereitet hat.
Wer zählt zur idealen Zielgruppe der angehenden Klimagärtner?
Das wichtigste ist, dass sich jemand für das Klima, die Erderwärmung und mögliche Gegenmaßnahmen interessiert. Zudem sollte man natürlich auch ein Interesse für Pflanzen mitbringen.
Was müssen wir tun, damit wir diese Personen erreichen?
Aufklärungsarbeit müssen wir leisten. Wie gesagt: Ich bin überzeugt, dass dieser Beruf eine große Zukunft hat. Das zeigt uns schon alleine die enorme Resonanz. Auch die Gemeinden und Städte sind sehr interessiert. Denn auch die Kommunen wollen Klimagärtner in ihren Gemeinde beschäftigen.
Gegenüberstellung der Lehrberufe
Klimagärtner
Herstellung und Pflege von Grünanlagen im überwiegend urbanen Bereich unter besonderer Berücksichtigung klimarelevanter Daten. Dazu zählen alle weiter unten angeführten Bereiche – besonderes Augenmerk wird auf folgende Themen gelegt:
- klimarelevante Faktoren (Oberflächentemperaturen, latente Wärme, Verdunstung bzw. Verdunstungskühlung, Luftfeuchtigkeit, Luftreinigung, Feinstaub- und CO2-Bindung
- Reduzierung des Wärmeinseleffekts
- Biodiversität
- Lärmschutz / Schallschutz
- Biomasse
- Wirtschaftlichkeit
- alternative Energieerzeugung – Kombination von Photovoltaik und Dach- bzw. Vertikalbegrünung
- Wassermanagement (Speicherung von Niederschlägen, Grauwassernutzung, Versickerung etc.)
Garten- und Grünflächengestalter
Herstellung und Pflege privater und öffentlicher Grünanlagen:
- Pflanzung von Bäumen, Sträuchern, Stauden, Gräsern, Sommerblumen
- Anlage von Rasenflächen, Blumenwiesen
- Wasser im Garten (Schwimmteiche, Naturpools, Wasserspiele)
- Geländemodellierung im Garten
- gärtnerischer Wege-, Mauer- und Holzbau – Herstellung von Pergolen, Terrassen, Einfriedungen
- Errichtung und Wartung automatischer Bewässerungsanlagen, Gartenbeleuchtung, Mähroboter
- Pflege und Instandhaltung
INTERVIEW Marcel Kreitl, Norbert Hintersteininger FOTOSwww.kito.at